David Anthony Durham – Acacia: The War with the Mein (Macht und Verrat)

Hardcover

David Anthony Durhams  Acacia: The War with the Mein galt als eines der Fantasydebüts von 2007, wobei die Betonung ganz klar auf “Fantasy” liegt, denn Durham hat bereits Werke wie Gabriel’s Story & Walk Through vorgelegt, die sich ehr mit afroamerikanischen Schicksalen im 19. Jahrhundert auseinandersetzen, sowie das vielfach ausgezeichnete und gelobte Pride of Carthage, ein historischer Roman der zur Zeit des zweiten punischen Krieges spielt. Der Mann kann schreiben, und lehrt und doziert über sein können auch an diversen amerikanischen Universitäten. Insofern darf man auch kein typisches Debüt erwarten.

Paperback

Man merkt dass Durham Erfahrung beim Schreiben historischer Fiktion hat. Vieles in Acacia ist nicht so einfach wie es scheint, die
Abhängigkeiten und Verknüpfungen in der von ihm geschaffenen Welt sind vielfältig. Acacia ist nicht nur der Name des Buches, sondern auch der des Herrscherhauses, und dessen Macht beruht letzten Endes auf einer Droge, dem “Mist” mit dem es insbesondere die unteren Schichten seines zusammengewürfelten Imperiums mehr oder weniger ruhig stellt. Aber der Konsumund die daraus folgende Lethargie zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten, auch der König selbst, Leodan, aus dem Geschlecht der Akaran, ist der Droge, ob der moralischen Konflikte, die die Herrschaft mit sich bringt, verfallen. Diese Droge erhält das Imperium von den mysteriösen Lothan Akun,  die weit entfernt, in angeblicher unendlicher Machtfülle jenseits des Ozeans leben. Das Reich wird gleichzeitig von den Mein, eine Art Wikinger, die sich für die Demütigung der Fremdherrschaft rächen wollen, bedroht, und dieser Konflikt, und seine Folgen für die königliche Familie stehen auch im Mittelpunkt dieses ersten Bandes.

Acacia von David Anthony Durham

Deutsche Ausgabe, Blanvalet.

Durham beschreibt großzügig die Struktur des Reiches, oft clever implantiert in innere Monolge, oder manchmal auch einfach durch die Geschichte des Reiches und Hauses Akaran, die Leodan seinen vier Kindern erzählt. Das Imperium hat einen spätrömischen, auch byzantinisch anmutenden Charakter; groß und mächtig, aber nichtsdestotrotz mitten im Verfall.  Der Stil lässt den erfahrenen Schriftsteller erkennen. Es ist prinzipiell in drei Teile unterteilt: Teil eins stellt die königliche Familie, ihre Mitglieder, ihre Geschichte und letzten Endes auch ihr Ende vor. Im zweiten Teil lässt uns Durham teilhaben wie die Familie vollends zerbricht, und wie dann, im Abstand von acht Jahren, jedes Mitglied seinen Weg macht, wobei Durham oft für lange Zeit auf die Namen verzichtet, und man oft nicht genau weiß um welches der Königskinder es jetzt geht. Teil drei vereint sie wieder, und beschreibt wie sie versuchen ihre Herrschaft wieder herzustellen. In Teil zwei & drei erklärt Durham auch anhand der “aktuellen”, neuen Herrscherfamilie die Struktur und Kultur der Mein.
Wenn Acacia Schwächen hat, dann ist dies in erster Linie in den Charakteren zu suchen. Die moralische Zerissenheit der meisten Protagonisten hat Durham zwar sehr gut ausgearbeitet, aber man fühlt sich in der Regel mit keinem von ihnen wirklich verbunden. Oft interessierte es mich nur mässig was mit ihnen passiert. Im Rahmen ihres Schicksals scheint ihnen einfach alles zu gelingen.  Desweiteren kommt man auch nicht umhin, die beiden Schwestern Corrinn & Mena Akaran mit Sensa & Arya Stark aus George RR Martins Ein Lied von Eis und Feuer zu vergleichen. Ich habe auch großen Gefallen an den langen Beschreibungen gefunden, aber manchen Lesern hat Acacia phasenweise sicherlich zu wenig Action.

Cover:
Das Hardcover ist für mich jenseits von Gut & Böse. Guter Durchschnitt! Das Paperback wäre passender für den zweiten Band gewesen. Corinn (?) mit Opferschale….nicht mein Fall ! Das deutsche Cover stellt relativ gut die Beschreibung des Königspalastes nach. Hat wohl auch Durham/seinem Verlag so überzeugt, dass der gleiche Künstler auch das amerikansiche Cover für den zweiten Band machen durfte.

Fazit:
Acacia ist sicherlich nicht perfekt, aber die Mängel fallen nicht so sehr ins Gewicht, bzw. werden durch Durhams schriftstellerisches Können ausgeglichen. Manche der Kritikpunkte werden im Laufe der Reihe sicherlich verblassen, sind vielleicht auch einfach notwendig um eine Grundlage für den Rest der Trilogy zu legen. Actionverliebte Leser werden allerdings vielleicht teilweise etwas Langeweile verspüren.

Fazit:  6.5/10.

Mark Charan Newton – Legends of the Red Sun: Nights of Villjamur

Harcover UK, TOR.

Dieses Buch stand für sehr lange Zeit nicht nur auf meiner Leseliste, sondern auch auf meinem überquellenden Regal für noch zu lesende Neuzugänge. Dies war, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, eine kaum zu verzeihende Sünde. Was mich letzten Endes dazu bewogen hat, es doch noch in die Hand zu nehmen bzw. es an den Anfang der Warteschlange zu stellen, war Newtons äußerst lesenswertes Blog, insbesondere ein Beitrag zum Thema Whisky.   
Nights of Villjamur ist Newtons (Quasi) Debüt aus dem Jahre 2009, und es steckt, so viel muß hier schon verraten werden, andere hochgelobte Debüt der vergangenen Jahre, wie Brent Weeks’ The Night Angel Trilogy, meiner Meinung nach leicht in die Tasche.

Rahmenhandlung: Das Jamur Imperium befindet sich Griff eines entfesselten Winters, der aber selbst nur der Vorbote einer prophezeiten Eiszeit ist, die etwa vierzig Jahre andauern wird. Ausreichende Vorräte, sowohl an Nahrung, als auch an Wärme, sind auf Dauer nur in den Städten zu finden. Und die Haupt- und Residenzstadt des Imperiums, Villjamur, ein Jahrtausende alter Moloch, ist folglich das Ziel der meisten Flüchtlinge.

Und hier in Villjamur spielt nicht nur der Großteil der Handlung, hier hat Newton auch seinen heimlichen, eigentlichen Protagonisten gefunden. Die Stadt geht einerseits ihren gewohnten Weg, die legalen, als auch die zwielichtigen Geschäfte lassen sich in ihrem Treiben von der anstehenden Eiszeit nicht stören, die einzelnen Fraktionen ziehen im Machtgleichgewicht der Stadt im Hintergrund ihre Fäden, und die Inquistion versucht ihren Aufgaben als Kriminalpolizei gerecht zu werden.

UK Paperback, Pan Macmillan

Andererseits sehen sich die Mächtigen, nämlich Kaiser und der Rat, dem Problem der Flüchtlingsmassen, die bereits vor den Toren der Stadt lagern, ausgesetzt. Neben dem Tod des alten Kaisers sorgt die Frage nach der Lösung des Flüchtlingsproblems für große Unruhe, und sie zieht eine Spur der aus Machthunger geborenen Zwietracht hinter sich her.
Die Geschichte wird in ca. 4 Hauptplots, sowie in zahlreichen Nebenplots erzählt, die sich teilweise, aber nicht alle, kreuzen und beeinflussen. Qualitativ spielen diese Plots zwischen den Polen “Innovativ” und “Klischeehaft”. So ist der Plot der den Schritten und Gedanken des Inquisitors Jeryd folgt fast schon ein kleiner Detektivroman, der des Aufsteigers Randur dagegen aber etwas zu glatt und einförmig. Was mir sehr gut gefällt, von anderen Rezensenten aber kritisiert wurde, sind die in manchen Plots sehr häufig anzutreffenden inneren Monologe, die für mich manche Charaktere erst interessant machen.

Doch die wahre Stärke von Nights of Villjamur liegt meiner Meinung nach in Newtons Worldbuilding. Die Stadt,und die Weise wie das Jamur Imperium aufgebaut sind steckt voller interessanter Details die teilweise nur in Nebensätzen gestreift, und gar nicht weiter erläutert werden, teilweise aber im weiteren Verlauf wieder Verwendung finden, und so langsam an Detailtiefe gewinnen. Ich bin mir nicht sicher ob eine Elaboration dieser Kleinigkeiten das Buch verstopft, oder noch mehr zu epischer Breite verholfen hätte.

US Ppbck. & Hrdc, Spectra.

Rassen und Fraktionen Newton streut sparsam und mit Bedacht: Die Stadt teilen sich in erster Linie Menschen und “Rumel”, eine humanoide Rasse mit der etwa dreifachen Lebensdauer von Menschen; die Menschen stellen zwar den Kaiser und den Rat, aber zur Wahrung des inneren Friedens stellen die Rumel die oberen Ränge der Inquisition, die die Aufgabe der Strafverfolgung wahrnimmt. Leider verzichtet Newton auf eine etwas genauere Beschreibung der Rumel, man erfährt dass sie etwas größer als Menschen werden, dass sie einen Schwanz haben, und dass ihr Körper eine grau/braun/dunkle Färbung hat. Aber weder ich, noch andere Rezensenten sind uns sicher, ob man sie sich ehr glatthäutig, behaart oder vielleicht auch reptilienartig vorzustellen hat. Ohne die genaue Beschreibung drängte sich mir beim Lesen immer wieder das Bild von großen, robusteren und behaarten Elben mit Schwanz auf, was doch recht albern ist. Andere Kreaturen die Newtons Welt bevölkern sind beispielsweise die Garudas, vogelartige Wesen, etwas kleiner als die Menschen, die in eigenen Gemeinschaften leben, teilweise aber im Dienst des Imperiums als Kundschafter arbeiten. Auch gibt es in Villjamur Banshees, eine Art Klageweiber die in eigenen Gemeinschaften leben, und die, wie ihre mythologischen Vorbilder, kurz vor oder während eines Todes, von einer Intuition gelenkt am entsprechenden Ort auftauchen und ihren Gesang ertönen lassen. Die Interessanteste Neuerung die Newton einführt sie die Kultisten: Sie sind am besten als eine Mischung aus Ingenieur, Alchemist und Zauberer beschrieben: Siebenutzen, kopieren und erweitern die von einer untergegangenen Zivilisation überlieferten Relikte, um mit ihnen etwas ähnliches wie Magie auszuführen, allerdings ohne genau zu verstehen, wie genau & warum sie funktionieren. Die Kultisten sind in verschiedenen Sekten und Gruppen unterteilt, und haben eine eigene, chaotische Gesellschaftsordnung mit den Köpfen der großen Sekten an der Spitze, und kleinen Taschenspielern und Magiejunkies (!) als Bodensatz.

Sprachlich ist Nights of Villjamur in einem sehr angenehmen, flüssigen Stil geschrieben, wie er in der Fantasy nicht oft zu finden ist. Flüche und Vulgärsprache werden nur selten verwendet, insofern bildet er einen schönen Gegensatz zum derzeitigen “Trend”, bei dem gerne mit viel Gewalt und Sex gearbeitet wird.

Cover:
Das UK Hardcover ist meiner Einschätzung nach ideal, da es die Stadt, und nicht Personen in den Mittelpunkt stellt. Das UK Paperback ist im Verhältnis dazu eine regelrechte Katastrophe, der junge Herr auf dem Cover soll wohl Randur darstellen, welcher aber beileibe nicht der Protagonist ist. Die US Cover bewegen sich im Mittelmaß, ich weiß nicht welche Situation das Cover darstellen soll ?

Fazit:
Nights of Villjamur ist ehr was für Fans von Mieville oder auch Tad Williams, als für Anhänger der brutal-realistischen Werke von Abercrombie, Morgan & Co. Ein außergewöhnliches Debüt, mit vielen schönen kleinen Details, dicht gepackter Atmosphäre, wenig Klischees, über weite Strecken glaubhaften Charakteren, und vielschichtiger Plotstruktur. Ich lese derzeit bereits die Fortsetzung City of Ruins, und kann bisher nicht den geringsten Abfall feststellen, im Gegenteil !

Wertung: 7.5/10

Tad Williams – Shadowmarch (Komplett)

Hardcover

Tad Williams sollte eigentlich jedem, den es aus irgendeinem Grund auf dieses Blog verschlagen hat, ein Begriff sein. Seine Trilogie (in Dtl. Quadrologie) Memory, Sorrow & Thorn (in Dtl. Die Saga von Osten Ard / Das Geheimnis der großen Schwerter) gehört zu den Klassikern des Genres, und auch seine Science-Fiction Reihe Otherlands dürfte einigen ein Begriff sein. Mit der Quadrologie Shadowmarch die letzten Endes zwischen ca. 1995 und 2010 erst als Filmprojekt, später als Internetroman entstand (näheres dazu hier), hat Williams nachgelegt. Die ersten zwei Bände hatte ich in schneller Folge damals noch auf Deutsch gelesen, die letzten zwei auch hintereinander, diesmal aber auf Englisch.

Zu allererst ist es schwer eine Quadrologie zu besprechen, deswegen hier ein Abriss, der Handlung: Die Königsfamilie Eddon, bestehend aus König Olin und seinen Kindern Kendrick, Briony, Barrick & Allessandros, beherrscht seit Generationen das Land Southmarch. Das Land wird im Norden von der sogenannten Schattengrenze eingefasst. Diese Grenze wurde nach ihrer Niederlage gegen die Menschen vom den Quar, dem sogenannten Zwielichtvolk errichtet. Nach Jahrhunderten des Innehaltens regen sich die Wesen und ihre Königin Yasammez  hinter der Schattengrenze wieder, während die Königsfamilie von Südmark durch Intrigen nach und nach zerschlagen und in alle Winde zerstreut wird. Scheinbare Nebenhandlungen spielen sich unter der Burg ab, dort wo das kleinwüchsige, und in der Steinmetzkunst formvollendete Volk der Fundlinger,von den Eddons beherrscht, seit Jahrhunderten lebt. Wir begegnen dem Mädchen Qinnitan, die in eine Art Harem des Autarchen von Xis, dem Gottkönig des mächtigsten Reiches der bekannten Welt, als Priesterin aufgenommen wird. Weshalb sie wichtig ist oder sein wird, bleibt sowohl dem Leser als auch ihr selbst (vorerst) ein Rätsel. Sulepis, der Autarch von Xis, verfügt über das größte stehende Heer von Shadowmarch, und sein Arm reicht langsam über ganz Eion.

Williams gilt nicht nur als einer besten Autoren des Genres, sondern auch als Meister der Langsamkeit, und dies trifft auch bei dieser Reihe zu. Ein langer Atem wird benötigt, da Williams sich für viele Details unendlich viel Zeit lässt. Insbesondere  Shadowplay (dt. Das Spiel) und Shadowrise (dt. Die Dämmerung) ziehen sich manchmal ins unendliche, und mir fiel es richtig schwer weiterzulesen. Aber man sollte nicht meinen dass Williams die Seiten mit Geschwafel füllt, nein. Er liebt einfach die Details, und spinnt sein Garn gerne aus vielen feinen Fäden. Manches wirkt beim Lesen ersteinmal redundant, aber im letzten Band Shadowheart fügt sich vieles dann doch in zu einem sinnhaften Ganzen zusammen. Auch passt sich seine Erzählweise der Umgebung an: Als Barrick Eddon, von seiner Familie getrennt, hinter der Schattengrenze umherirrt, und dort die komplette Andersartigkeit der Quar entdeckt, so schreibt Williams hier auch in einem Stil der mich persönlich immer wieder verwirrt hat, und der entweder zum genauen studieren oder wahlweise auch zum Überlesen einlädt. Er beschreibt mit einer Detailversessenheit, und gleichzeitigen Unschärfe, die den begrenzten Wahrnehmungsmöglichkeiten von Barrick hinter der Schattengrenze entsprechen. Sex findet quasi gar nicht, Gewalt in nicht zu expliziter Form statt, was aber nicht stört, sondern sich trotz vieler Kampfhandlungen gut in den Erzählfluss einbettet. Mit dem großen Höhepunkt und Showdown im vierten Band endet die Reihe aber noch nicht, es schliessen sich noch gut hundert Seiten Nachspiel an, was zwar in schöner Weise dem bewährten “Ende gut, alles gut” entgegen arbeitet und auch noch einige offene Frage beantwortet, aber andererseits wird das Ende dadurch etwas verwässert.

Deutsche Cover Bd. 1-3, Klett-Cotta/Hobbit Presse

An sich gibt sich Williams in keinem Bereich eine wirklich Blöße. Die Charaktere wirken im Verlauf manchmal etwas blass, aber im Verlauf der vier Bände füllt sich jeder langsam, aber sicher mit Tiefe. So entlockten mir die Passagen mit Briony Eddon Anfangs noch so manchen Seufzer, aber Williams entwickelt sie mit sicherer Feder, so dass dieses Gefühl in Band 3 & 4 verschwindet. Aber auch an Fantastischem Kreaturen, Rassen & Lebensformen spart Williams nicht: Neben den erwähnten Fundlingern gibt es eine Vielfalt an Rassen in Südmark: die Quar, die Skimmer, das Fischervolk der Südmark, das zwar wie die Fundlinger formal unter der Herrschaft der Eddons steht, aber weitesgehend selbstständig ist, Rooftoppers Guild (auf dt. Dachlinge) ein Volk von Winzlingen, welches von den Menschen weitesgehend unbemerkt, auf und unter den Dächern der Stadt lebt.

Cover

Massmarket Paperback

Das obige Cover der Hardcoverversion ist meiner Ansicht nach nahezu ideal gestaltet. Es setzt auf ehr kühle Atmosphäre, und im Gegensatz zum Massmarket Paperback verzichtet es auf Personendarstellungen und zu große Platitüden. Die deutschen Cover sind im, nun ja, authentischen Klett-Cotta/Hobbitpresse Stil gehalten. Mir persönlich etwas zu bieder, einfach nicht mein Fall. (Ansonsten sind die deutschen Ausgaben gut gestaltet und übersetzt)

Englisch
Man sollte schon etwas Übung mit längeren englischen Texten mitbringen, sonst ermüdet die Lektüre recht schnell. Mittlerer Wortschatz.

Fazit
Für mich hat Williams hier, trotz einiger Überlängen, einen Klassiker geschaffen. Die Schönheit und clevere Konstruktion zünden aber erst richtig im vierten Band, wenn all Fäden zusammenlaufen und sich langsam aufdröseln. Deswegen kann ich nur empfehlen alle vier Bände am Stück zu lesen, und sich von den teilweise langen Passagen (insbesondere hinter der Schattengrenze) nicht entmutigen zu lassen. Am Ende wird es sich auszahlen !

Wertung: 8/10

Brent Weeks – The Night Angel Trilogy (Schatten Trilogie)

Brent Weeks Night Angel Triology hat in den letzten Jahren einigen Trubel verursacht, insbesondere durch die Veröffentlichungsfrequenz: In drei aufeinanderfolgenden Monaten wurde pro Monat jeweils ein Band veröffentlicht, was, soweit ich weiß, auch für die Veröffentlichung in Deutschland übernommen werden. Das Ganze wurde auch online clever vermarktet, so dass man es bei den regelmäßigen Streifzügen durch die Welt der Blogs und Foren fast nicht mehr übersehen konnte.

Gleichmal vorneweg: Die Reihe macht Spaß. Ich habe angefangen zu lesen und konnte Band I (The Way of Shadows, dt. Der Weg in die Schatten) kaum aus der Hand legen. Was Spannung und Lesevergnügen angeht, hat Weeks zweifelsohne ein gelungenes Debüt hingelegt.  Zum Inhalt (In erster Linie auf Band 1 bezogen) : Strassenjunge Azoth gelingt es als Lehrling von Durzo Blint, dem besten “Wetboy”(Auftragsmörder)  der Stadt, aufgenommen zu werden. Doch Azoth (der sich später Kylar nennt) hat nicht mit den Problemen und Schattenseiten dieses neuen Lebens gerechnet. Und auch später (sprich Bd. 2 & 3) hadert Azoth mit sich und und den Folgen seines Handelns als Wetboy für sich und die die ihm lieb & teuer sind! Alles in allem also ein Auftragsmörder- und Attentäterbildungsroman 😉
Der Plot ist das stärkste an der Reihe, er treibt einen in oft hohem Tempo vor sich her, die (manchmal für einige vielleicht zu brutalen) Szenen werden glaubhaft formuliert. Einerseits hat der “Aufstieg” von Azoth/Kylar zum mysteriösen Killer, sowie die Entdeckung in größere Zusammenhänge verwickelt zu sein, schon etwas von der klassischen Nummer “vom Stableboy zum Ritter”, aber andererseits sind mir in der SpecLit kaum/keine anderen Werdegänge in der Form “Vom Strassenjungen zum Auftragsmörder” bekannt. Weeks erfindet das Rad hier nicht neu, bietet aber eine spannende Variation grösstenteils bekannter Themen. Teile der Magie die er insbesondere ab Bd.2 beschreibt scheinen mir eine clevere Neuerfindung zu sein, zumindest erkenne ich sie nicht wieder. Die Charaktere, und die Art wie sie (nicht) entwickelt werden, sind im Vergleich dazu schon deutlich durchwachsener. Einige Protagonisten wie zBsp. Durzo Blint sind gut gezeichnet, auch Azoth/Kylar ist gut entworfen und man entwickelt trotz seines blutigen Brotwerwerbs Sympathien für ihn, viele Nebencharaktere bleiben aber blasser als sie wahrscheinlich sein müssten.  Die Welt die Weeks hier entwirft ist deutlich der schwächste Punkt, am treffensten hat es James Long von Speculative Horizons umschrieben:

What we have is a standard medieval-esque world of kings, princes, assassins and soldiers. There’s even a magic sword and a prophecy. In short, there is absolutely no innovation whatsoever.

Da kann ich eigentlich nicht viel hinzufügen.  Das sogenannte Worldbuilding verbessert sich zwar in Bd.2 und Bd.3, aber es ist und bleibt nicht die stärkste Seite der Reihe.
Cover:
Von der Idee her gar nicht schlecht, aber mit werden zu sehr Klischees bedient, und ich bin kein großer Fan von so expliziter Personendarstellungen auf Covern. Das deutsche Cover ist übrigens nahezu das gleiche, deswegen verzichte ich hier darauf.
Englisch:
Medium – Für geübte Leser kein Problem. Die Sprache mutet manchmal fast etwas zu modern an.
Fazit:
Für mich eines der stärksten Debüts der letzten Jahre, mit hier und da recht deutlichen Schwächen, aber nichtsdestotrotz wird die Handlung zügig und spannend vorangetrieben, so dass ich mich nie wirklich langweilte. Gute Reihe für den schnellen, schmackhaften, nicht zu schwer verdaulichen (sowie in meinem Falle zumindest) einmaligen Genuss.
Wertung: 6.5/10.

Richard Morgan – The Steel Remains (Glühender Stahl)

UK, Hardcover.
Ende 2007/Anfang 2008 machten Gerüchte die Runde das Richard Morgan, eigentlich bekannt als Science Fiction Autor, an einem Werk arbeiten würde, dass die Welt der Fantasy Literatur erschüttern könnte. Obwohl das Skript noch nicht einmal beim Lektor lag, geschweige denn ARCs (Advanced Reading Copy) vorlagen, überschlugen sich die Kritiken. Das Werk wurde so aufgeblasen und mit Bedeutung für das Genre überladen, dass es fast nichts anderes als versagen konnte.
Der grundsätzliche Handlungsstrang ist an sich schnell erklärt: Ringil Eskiath, gefeierter Kriegsheld und vom Wege abgekommener Spross einer mächtigen Familie, kämpft mit den Dämonen des Bedeutungsverlustes und dem Mangel an Aufgaben. Seine Mutter taucht auf, und bittet ihn eine Cousine zu finden, die mehr oder weniger aus Versehen in der Sklaverei gelandet ist. Während Ringil den Spuren nachgeht, kommt er einer Verschwörung auf die Spur die weit über den Sklavenhandel hinaus geht. Archeth, ein Halbblut, mittlerweile Beraterin des Kaisers von Yhelteth,soll ein Blutbad in einer entlegenen Hafenstadt untersuchen. Dabei entdeckt sie dass eine unbekannte Macht die Integrität des Reiches bedroht. Sie und Ringil, so wie ein Barbar namens Egar, reformieren ein zu Kriegszeiten legendäres Trio, das versucht der unbekannten Gefahr auf die Spuren zu kommen.Die Handlung mag nichts aufregendes bieten, darüber hinaus könnte man auch das Worldbuilding als schwach bezeichnen. Man findet zwar schnell Zugang zu Morgans Welt, welche sich dem Leser schnell ausbreitet, aber es bleibt doch vieles unerklärt, unerläutert und unvollständig, Wünsche nach mehr Details bleiben in der Regel unbefriedigt. Morgan verlegt sich dafür um so mehr auf den Ausbau der Charaktere, wenn auch nicht mit der Stringenz seiner SciFi Werke. Er versucht die Protagonisten als kantige, moralisch und sexuell ambivalente Charaktere darzustellen welche mit den Dämonen der eigenen Vergangenheit kämpfen, was aber manchmal ehr überzeichnet als überzeugend wirkt. Ungewohnt allerdings dass einer der Protagonisten, mämlich Ringil, homosexuell und dazu noch sehr promiskuitiv ist. Was The Steel Remains trotzdem zu etwas besonderen macht ist die Dichte an Explizität, die die Werke anderer Autoren deutlich übersteigt. Die Gewalt und insbesondere der Sex kommen sehr direkt und graphisch zum Ausdruck:

Her breasts swung heavily in the warm, speckled light from
the yurt’s iron mesh brazier.[..] She licked her lips.  
“Yeah, and a wife with mouth closed that fucking tight
won’t be much for blow jobs, right?
I’m not looking for a two-minute drunken herder’s  fuck
out of you [..] I am goin to milk you dry” 
  
Hier wird nicht lange umschrieben, es geht unmittelbar zur Sache. Dies ist sowohl eine der bemerkenswerten Qualitäten, als auch eine der Schwächen. Ohne Gewalt und Sex bliebe eine höchstens mittelmäßige Geschichte übrig. Ebenso wirkt die Sprache manchmal etwas ungewohnt, der Sprachstil wirkte teilweise zu modern für das verwendete Milieu. Dies ist dürfte aber so gewollt sein, wirkt aber manchmal befremdlich.
Dt. Ausgab

Cover:
Obiges Cover der britischen Hardcoverausgabe gefällt mir gut, die drei Protagonisten im Nebel, die Andeutung ihrer Suche, lassen genug Platz für die eigenen Vorstellungskraft. Gleiches gilt für die US Version (s.u.).
Die deutsche Version bekleckert sich zumindest bei der Cover Gestaltung nicht gerade mit Ruhm, aber es hätte auch schlimmer kommen können. Prinzipiell haben aus meiner Sicht Personen wenn überhaupt, dann nur schemenhaft etwas auf dem Cover zu suchen. Auch der Manowar/Rammsteinkollaborationstitel “Glühender Stahl” ist meiner Ansicht nach schlecht gewählt, wobei ich aber zu meiner Schande gestehen muss, dass mir im Moment auch kein Gegenvorschlag einfällt.


Englisch:

Satzstrukturen sind gut verständlich, erweiterter Grundwortschatz sowie Kenntniss von schlüpfigem Vokabular ist von Nöten.

Fazit:
Auch wenn dieses Buch als eines der meist gehypten des Jahres 2008 von vielen zumindest als Enttäuschung empfunden wurde, und nicht die erhoffte Erschütterung der SpecFic-Landschaft brachte, so war es doch für mich ein Augenöffner. So viel Schmutz, Gewalt, Sex & Schmuddel hatte ich bis dato nicht in einem SpecFic Roman vermutet, geschweige denn gelesen. Falls also jemand Twilight oder Eragorn lesen musste, und das Gefühl hat einer kalten Dusche zu bedürfen, dann sei ihm dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Wertung: 6/10.

Cover Galerie:

Limitierte Edition.