Kategorie-Archiv:Newton, Mark Charan

Mark Charan Newton – The Book of Transformations

Hardcover, TOR, UK.

Dass ich mittlerweile ein Fan von Mark Charan Newton (Nights of Villjamur, City of Ruin) bin dürfte ja bekannt sein. Folglich war es für mich eine Freude den dritten Band seine Legends of the Red Sun Reihe zu lesen, und ihn jetzt hier vorzustellen, insbesondere da Newton es auch hier wieder schafft sein Niveau weiter zu steigen bzw. die Schwachstellen auszumerzen.

Inhaltlich steht hier wie in Nights….wieder die Haupt- und Residenzstadt Villjamur im Mittelpunkt, nach dem in City of Ruins der Schwerpunkt auf der Grenzstadt Viliren lag. Inhaltlich führt The Book of Transformations wieder zurück auf die Probleme der großen Skala: Politik, die Eiszeit, die Flüchtlingsströme, also wie im Erstling der Reihe. Doch neue Probleme tauchen auf, und alte präzisieren sich. Eine anarchistische Bewegung, in der sich die Bewohner von Caveside, also die Armen, Hungrigen, Verlorenen, Vergessenen und Übersehenen sammeln, bedroht die Ordnung Villjamurs, oder zumindest dass was Emporer Urtica als gerechte Ordnung versteht.

Es ist schwer die Handlung zu beschreiben ohne zu viel zu verraten. Einer der Hauptcharaktere ist Lan, ein Transgender, deren Körper mittels Cultistentechnik zum richtigen biologischen Geschlecht transformiert wird. Sie wird einer der drei Rittern von Villjamur, durch Cultistentechnik “verbesserte” Menschen, quasi Superhelden, die auf Befehl von Urtica erschaffen wurden, um in der Stadt Recht und Ordnung zu repräsentieren. Newton aber, wie sich in der Wahl eines Transgenders ja bereits erahnen lässt, verpasst seiner Version des “Superhelden” eine recht eigene Note, von ehr plattem Marvel/DC-Heldentum kann nicht die Rede sein. Alte Bekannte wie Dartun, und die anderen Mitglieder des “Order of the Equinox”, die gegen Ende des ersten Bandes verschwanden, und ebenso der Inquisitor Fulcrom (welcher bei der Rettung der Flüchtlinge behilflich war) tauchen auf, und sind jeweils Träger eines eigenen Erzählstranges.

Plotmässig schränkt sich Newton im Vergleich zu Nights…. sehr stark ein. Letzen Endes bewegt sich alles in drei Hauptplots, die teilweise bereits ab der Hälfte des Buches zusammenlaufen, was aber in diesem Falle wahrlich kein Nachteil ist, erhöht es doch die Dichte der Erzählung deutlich, und sorgt im letzten Drittel immer wieder für Überraschungen.Während Villjamur… einem Kriminalroman ähnelte, City… deutlich actionlastig , und von Krieg geprägt war, so schafft Newton in The Book of Transformations den Spagat zwischen charakterlastiger Erzählung  in der ersten Hälfte, und Action.in der Zweiten. Auch das Worldbuilding baut Newton weiter aus, insbesondere dem schon vielfältigen Bild der Stadt werden weitere, teilweise sehr seltsame Details hinzugefügt. Aber Newton wird ja nicht umsonst eine gewisse Nähe zum “New Weird” zugesprochen.
Sprachlich und stylistisch schwingt sich Newton hier in neue Höhen, das Buch hat im Vergleich zu seinen Vorgängern kaum noch Längen; Passagen die mancher gern überlesen würde. Charactere bleiben glaubwürdig, Dialoge flüssig und recht natürlich, Kampf, Action und Brutalität wirken weder staksig noch aufgeblasen.

Früher Entwurf.

Cover:
Bisher gibt es nur die englische Hardcoverausgabe, und dieses Cover finde ich durch und durch gelungen. Man kann meiner Meinung nach nur von Glück sprechen, dass der ursprüngliche Entwurf abgelehnt wurde. Ninjakapuzenmädchen gegen den Rest der Welt. Oder so….

Fazit:
Die Sprache, die Erzähltechnik, die Ausbalancierung von Klischées, neue & seltsame Ideen. Ich hätt es kaum für möglich gehalten, aber Mark Charan Newton hat sich in all diesen Punkten gegenüber City of Ruins noch einmal steigern können. Wenn er diese Niveau halten kann, dann darf man ihn schon jetzt als feste Größe bezeichnen. Sollte er sich beim letzen Band und Abschluss der Reihe noch einmal übertreffen (Titel & VÖ noch unbekannt), dann werde zumindest ich jeder Newtonschen Veröffentlichung mit noch mehr Vorfreude entgegenfiebern, als es jetzt schond er Fall ist.

Wertung: 8.5/10.

Mark Charan Newton – City of Ruin

Hardcover UK, Tor.

Band 1 der Legends of the Red Sun Nights of Villjamur bzw. Mark Charan Newton war und ist mein Lieblingsnewcomer, und für einen Erstling war Nights.. erstaunlich dicht & komplex, und mit nur wenigen Fehlern behaftet die wirklich ins Gewicht fielen. Es sei denn man bezeichnet die Multiplotstruktur, und den Verzicht auf eine zentrale Figur als einen Nachteil oder Schwäche, denn daran scheinen sich die Geister zu scheiden. Wird Band 2 der Reihe City of Ruin das Niveau halten bzw. die Probleme des Vorgängers beheben können?

City of Ruin verschiebt den Fokus weg von der Hauptstadt Villjamur, hin zu der Grenzstadt Villiren, die nicht nur unmittelbarer als Villjamur von der Eiszeit, sondern auch von noch unbekannten Feinden bedroht wird. Verglichen mit Villjamur handelt es sich bei Villiren hier um einen regelrechten Sündenpfuhl, die Regierung und Inquisition sind korrupt, verschiedene Gangs beherrschen die Straßen, Kultisten züchten Mutationen um sie gegen Golems in der Arena antreten zu lassen, und auch erotische Golems gibt es….(Nein, nicht verlesen). Einen Teil des Personals, wie Inquisitor Jeryd oder den Kommandeur der Nachtwache Brynd, kennen wir bereits, einige neue, wie den Bandenführer Mallum, oder die Kultistin (?!?) Beami, kommen neu hinzu. Den dauerfolgreichen Schönling Randur treffen wir auch wieder, aber war er im Vorgänger manchmal nur etwas unglaubwürdig, so nervt er meiner Meinung nach in City of Ruin gegen Ende regelrecht. Ebenso wirken die Passagen die ihn und die Schwestern Rikka und Eir Jamur beeinhalten irgendwie fehl am Platze, aber anscheinend sind sie notwendig für den nächsten Band Book of Transformations. Ansonsten hat sich Newton bei den Charakteren sehr gut entwickelt, sie wirken plastischer, etwas vielschichtiger, etwas gekonnter. Ebenso springt Newton nicht mehr zwischen so vielen Plots wie im Vorgänger, was einige Kritiker des ersten Bandes doch etwas besänftigen dürfte. Ein richtige Sympathie mit einem der Charaktere will aber bei mir nicht aufkommen, man empfindet gewisse Empathien, aber ich habe nie mit Einzelschicksalen gehadert, oder gar gefiebert. Was sowohl den Roman, als auch mich angetrieben hat, ist die Gesamthandlung, und die Welt in die sie eingebettet ist.
Paperback, MacMillan.
Rahmenhandlung ist die neu aufgetauchte krustentierartige Rasse der Okun, die sowohl die umgebenden Landstriche, als auch die Stadt selbst bedroht. Woher sie kommt, und was sie eigentlich will, ist den Mächtigen in Villiren ein Rätsel. Kern der Handlung(en) bei City of Ruin ist aber wieder eine Art Detektivgeschichte, denn in der ganzen Stadt verschwinden wesentliche mehr und andere Menschen als es in dieser Stadt sonst schon üblich ist. Dies betrifft den aus Villjamur geflüchteten und in Villiren neu eingesetzten Inquisitor Jeryd, aber da sich darunter auch Soldaten befinden, verknüpft ihn dies mit dem mit der Verteidigung der Stadt eingesetzten Brynd.

Die Stärke von Newton ist und bleibt das Worldbuilding und die Stadt als sozial ambivalente Einheit. Er zeichnet mit treffender Tiefenschärfe die gnadenlose Sozialstruktur Villirens, und Gleichgültigkeit gegenüber der Vergänglichkeit des menschlichen (und rumelschen) Lebens, die fernab der ordnenden Hand der imperialen Behörden auch die machiavellischen Strömungen Villjamurs locker in den Schatten stellt. Auch tritt hier der Rassimus deutlicher hervor als in der Hauptstadt: Mit segregativen Merkmalen wie “Humans Only” an Restaurants und Cafés bebildert Newton die Tatsache, dass gerade in Zeiten drohenden Unheils sich Vorurteile verstärken und Sündenböcke gesucht werden. Die Darstellung der problematischen Einstellungen in die Folgen der Gesellschaft zum Thema Homosexualität wirken allerdings etwas zu bemüht, und die Lösungen nicht ganz vollständig und glaubwürdig.

Cover:

Paperback, Spectra.

Mich mag keines der Cover recht überzeugen, wobei das Paperbackcover von Spectra noch das deutlich ansprechenste ist, da hier mehr die (zerstörte) Stadt in den Mittelpunkt gerückt ist, wobei das Cover von MacMillan mit dem dämlich-heroisch dargestellten Brynd einfach nur peinlich ist. Nightangel anyone ?

Fazit: 
Newton hält sein hohes Niveau und steigert es stellenweise sogar noch. Probleme mit zu vielen Plots und schwachen Charakteren werden zumindest teilweise behoben, während er seine Stärke, das Worldbuilding & die Stadt als Lebensraum, weiter ausbaut. Für letzteres gibt es auch 0.5 mehr als für Nights of Villjamur.

Wertung: 8.0/10. 

Mark Charan Newton – Legends of the Red Sun: Nights of Villjamur

Harcover UK, TOR.

Dieses Buch stand für sehr lange Zeit nicht nur auf meiner Leseliste, sondern auch auf meinem überquellenden Regal für noch zu lesende Neuzugänge. Dies war, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, eine kaum zu verzeihende Sünde. Was mich letzten Endes dazu bewogen hat, es doch noch in die Hand zu nehmen bzw. es an den Anfang der Warteschlange zu stellen, war Newtons äußerst lesenswertes Blog, insbesondere ein Beitrag zum Thema Whisky.   
Nights of Villjamur ist Newtons (Quasi) Debüt aus dem Jahre 2009, und es steckt, so viel muß hier schon verraten werden, andere hochgelobte Debüt der vergangenen Jahre, wie Brent Weeks’ The Night Angel Trilogy, meiner Meinung nach leicht in die Tasche.

Rahmenhandlung: Das Jamur Imperium befindet sich Griff eines entfesselten Winters, der aber selbst nur der Vorbote einer prophezeiten Eiszeit ist, die etwa vierzig Jahre andauern wird. Ausreichende Vorräte, sowohl an Nahrung, als auch an Wärme, sind auf Dauer nur in den Städten zu finden. Und die Haupt- und Residenzstadt des Imperiums, Villjamur, ein Jahrtausende alter Moloch, ist folglich das Ziel der meisten Flüchtlinge.

Und hier in Villjamur spielt nicht nur der Großteil der Handlung, hier hat Newton auch seinen heimlichen, eigentlichen Protagonisten gefunden. Die Stadt geht einerseits ihren gewohnten Weg, die legalen, als auch die zwielichtigen Geschäfte lassen sich in ihrem Treiben von der anstehenden Eiszeit nicht stören, die einzelnen Fraktionen ziehen im Machtgleichgewicht der Stadt im Hintergrund ihre Fäden, und die Inquistion versucht ihren Aufgaben als Kriminalpolizei gerecht zu werden.

UK Paperback, Pan Macmillan

Andererseits sehen sich die Mächtigen, nämlich Kaiser und der Rat, dem Problem der Flüchtlingsmassen, die bereits vor den Toren der Stadt lagern, ausgesetzt. Neben dem Tod des alten Kaisers sorgt die Frage nach der Lösung des Flüchtlingsproblems für große Unruhe, und sie zieht eine Spur der aus Machthunger geborenen Zwietracht hinter sich her.
Die Geschichte wird in ca. 4 Hauptplots, sowie in zahlreichen Nebenplots erzählt, die sich teilweise, aber nicht alle, kreuzen und beeinflussen. Qualitativ spielen diese Plots zwischen den Polen “Innovativ” und “Klischeehaft”. So ist der Plot der den Schritten und Gedanken des Inquisitors Jeryd folgt fast schon ein kleiner Detektivroman, der des Aufsteigers Randur dagegen aber etwas zu glatt und einförmig. Was mir sehr gut gefällt, von anderen Rezensenten aber kritisiert wurde, sind die in manchen Plots sehr häufig anzutreffenden inneren Monologe, die für mich manche Charaktere erst interessant machen.

Doch die wahre Stärke von Nights of Villjamur liegt meiner Meinung nach in Newtons Worldbuilding. Die Stadt,und die Weise wie das Jamur Imperium aufgebaut sind steckt voller interessanter Details die teilweise nur in Nebensätzen gestreift, und gar nicht weiter erläutert werden, teilweise aber im weiteren Verlauf wieder Verwendung finden, und so langsam an Detailtiefe gewinnen. Ich bin mir nicht sicher ob eine Elaboration dieser Kleinigkeiten das Buch verstopft, oder noch mehr zu epischer Breite verholfen hätte.

US Ppbck. & Hrdc, Spectra.

Rassen und Fraktionen Newton streut sparsam und mit Bedacht: Die Stadt teilen sich in erster Linie Menschen und “Rumel”, eine humanoide Rasse mit der etwa dreifachen Lebensdauer von Menschen; die Menschen stellen zwar den Kaiser und den Rat, aber zur Wahrung des inneren Friedens stellen die Rumel die oberen Ränge der Inquisition, die die Aufgabe der Strafverfolgung wahrnimmt. Leider verzichtet Newton auf eine etwas genauere Beschreibung der Rumel, man erfährt dass sie etwas größer als Menschen werden, dass sie einen Schwanz haben, und dass ihr Körper eine grau/braun/dunkle Färbung hat. Aber weder ich, noch andere Rezensenten sind uns sicher, ob man sie sich ehr glatthäutig, behaart oder vielleicht auch reptilienartig vorzustellen hat. Ohne die genaue Beschreibung drängte sich mir beim Lesen immer wieder das Bild von großen, robusteren und behaarten Elben mit Schwanz auf, was doch recht albern ist. Andere Kreaturen die Newtons Welt bevölkern sind beispielsweise die Garudas, vogelartige Wesen, etwas kleiner als die Menschen, die in eigenen Gemeinschaften leben, teilweise aber im Dienst des Imperiums als Kundschafter arbeiten. Auch gibt es in Villjamur Banshees, eine Art Klageweiber die in eigenen Gemeinschaften leben, und die, wie ihre mythologischen Vorbilder, kurz vor oder während eines Todes, von einer Intuition gelenkt am entsprechenden Ort auftauchen und ihren Gesang ertönen lassen. Die Interessanteste Neuerung die Newton einführt sie die Kultisten: Sie sind am besten als eine Mischung aus Ingenieur, Alchemist und Zauberer beschrieben: Siebenutzen, kopieren und erweitern die von einer untergegangenen Zivilisation überlieferten Relikte, um mit ihnen etwas ähnliches wie Magie auszuführen, allerdings ohne genau zu verstehen, wie genau & warum sie funktionieren. Die Kultisten sind in verschiedenen Sekten und Gruppen unterteilt, und haben eine eigene, chaotische Gesellschaftsordnung mit den Köpfen der großen Sekten an der Spitze, und kleinen Taschenspielern und Magiejunkies (!) als Bodensatz.

Sprachlich ist Nights of Villjamur in einem sehr angenehmen, flüssigen Stil geschrieben, wie er in der Fantasy nicht oft zu finden ist. Flüche und Vulgärsprache werden nur selten verwendet, insofern bildet er einen schönen Gegensatz zum derzeitigen “Trend”, bei dem gerne mit viel Gewalt und Sex gearbeitet wird.

Cover:
Das UK Hardcover ist meiner Einschätzung nach ideal, da es die Stadt, und nicht Personen in den Mittelpunkt stellt. Das UK Paperback ist im Verhältnis dazu eine regelrechte Katastrophe, der junge Herr auf dem Cover soll wohl Randur darstellen, welcher aber beileibe nicht der Protagonist ist. Die US Cover bewegen sich im Mittelmaß, ich weiß nicht welche Situation das Cover darstellen soll ?

Fazit:
Nights of Villjamur ist ehr was für Fans von Mieville oder auch Tad Williams, als für Anhänger der brutal-realistischen Werke von Abercrombie, Morgan & Co. Ein außergewöhnliches Debüt, mit vielen schönen kleinen Details, dicht gepackter Atmosphäre, wenig Klischees, über weite Strecken glaubhaften Charakteren, und vielschichtiger Plotstruktur. Ich lese derzeit bereits die Fortsetzung City of Ruins, und kann bisher nicht den geringsten Abfall feststellen, im Gegenteil !

Wertung: 7.5/10