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John Gwynne – The Shadow of the Gods (Bloodsworn Saga 1)

“The year 297 of Friðaröld, The Age of Peace”

 

..so der erste Satz in Shadow of Gods von John Gwynne. Eine erste Vorahnung macht sich breit, die nächsten Seiten bestätigen diese:  “Och nööö”. Nachdem ich mich erst im Dezember/Januar durch die First Law Trilogie, die zugehörigen Romane und Kurzgeschichten, sowie The Age of Madness von Joe Abercrombie mit viel Freude gearbeitet, sowie mich dann noch in Assassin’s Creed Valhalla vertieft habe….da hatte und habe ich ersteinmal genug von allem was mit Wikinger, Nordmänner, Langhäusern, Drachenbooten zu tun hat.
Also ein eher missmutiger Einstieg in die  Bloodsworn Saga, aber zum Glück war mein Vertrauen in die Fähigkeiten des Autors dann doch stark genug um mich zum Weiterlesen zu bewegen.

Das Setting, mitsamt der Sprachen, des Gesellschaftssystems und der Götterwelt lehnt sich dann auch stark an die nordischen Vorbilder aus Realität und Mythos an, aber entfernt sich dabei weit genug von diesen, so dass es sich nicht wie ein DejaVu anfühlt.
Die Welt, genauer Vigrið,  von Shadow of the Gods befindet sich in dem “Age of Peace”, die Zeit nach der großen Schlacht in der die alten Götter fielen und die Welt erneuert wurde. (Siehe auch: Raganrök ) Doch diese Götter haben deutliche, teilweise physische Spuren in der Welt hinterlassen und sind mehr als nur Erzählungen und Mythen einer vergangenen Zeit.  Die Spuren, die die Götter in den Menschen hinterlassen haben, die phantastischen , aber realen, vaesen, wie zum Beispiel Trolle oder die zähnefressenden (!) tennúr und die “nordischen” Gesellschaftsstruktur rührt Gwynne zu einer interessanten Mischung zusammen. So existiert beispielsweise eine ganze Stadt in dem Schädel eines toten Gottes. Für mich ist die Welt, zumindest im ersten Band, der Star von The Shadow of the Gods.

Generell bedient sich der erste Band (der Zweite erscheint wohl bereits 2022, der Dritte vermutlich 2023) dem bewährten Mittel der Multiperspektivität: Erzählt wird aus Sicht der  Söldnerin Elvar, der Bäuerin Orka, und dem entlaufenen unfreien Knecht (Thrall) Varg, deren Wege sich erst zum Schluss teilweise kreuzen. Wem das jetzt etwas dröge klingt, dem sei versichert: Hinter jedem Charakter steckt wesentlich mehr, mysteröse Vorgeschichten und zu Beginn noch unbekannte Hintergründe und Eigenschaften entblättern sich im Verlauf des Buches.
Die Charaktere sind an sich nicht uninteressant, aber mich holen sie nicht ab. Ich fühle mich ihnen nicht verbunden, mich interessiert ihr Schicksal nur im Sinne der Gesamtgeschichte, ihre eigenen Schicksale lassen mich fast vollständig kalt. Es werden auch einige Begleitcharaktere eingeführt, aber sie umweht meistens das G’schmäckle von Redshirts und/oder Statisten, nur da um den drei Protagonisten für die Charakterzeichnung eine Reflektionsfläche zu geben. Wer Angst vor zerschmetternde Abgänge von liebgewonnenen Personen hat kann übrigens ruhigen Gewissens zugreifen. Alles safe!

Viele Reviewer bemängelten, dass das Buch zu gemächlich und langsam in die Puschen kommen würde. Die Handlung überschlägt sich tatsächlich im ersten Drittel nicht gerade, aber mich hat dies Aufgrund des in dieser Zeit stattfindenden Worldbuildings überhaupt nicht gestört. Im letzten Drittel gibt es deutlich mehr Action und endet mit guten, wenn auch teilweise vorhersehbaren, offenen Enden.
Sprachlich ist das Buch meist kurz, prägnant und auf den Punkt; es liest sich wunderbar rund und flüssig. Die Erzählung ist durchsetzt mit altnordischen (??) Begriffen, Phrasen und Aussprüchen, welche aber nicht übersetzt werden –  der Kontext muss aussreichen; auch ein Glossar fehlt leider.

Cover:
Joa, ein gigantischer Drache, welcher einem Krieger oder einer Kriegerin gegen übersteht. Kommt schon irgendwie ein bisschen so vor, aber nicht so wirklich. Auch das Erscheinungsbild des Drachens passt nicht so ganz:

Hardcover. Orbit, UK.

Hardcover. Orbit, UK.

The dragon’s body was thin and emaciated, ribs stark through pallid scales, almost white and translucent with dark patches of rot and weeping yellow pus. Her jaws were wide and razored with teeth longer than spears, pale horns rowed and curling upon her head.

Die Mitglieder des Ordens der hölzernen Klischeekeule werden zwar nicht jubilieren und jauchzen, aber doch anerkennd nicken.
Angesichts der doch recht gelungenen Cover von The Faithful and the Fallen und Of Blood and Bone für mich ein Rückschritt in Richtung Effekthascherei.
Als Analogie des einzelnen Menschen, der einem scheinbar unüberwindbaren Gegner in Form von Göttern, Gesellschaft und Geschichte gegenüber steht, funktioniert es allerdings.

Fazit:
Für Fans von High Fantasy nach Gemmelscher Bauart ist dies Buch eine deutliche Empfehlung. Mark Lawrence hat es in seinem Review bei Goodreads gut zum Ausdruck gebracht.

John Gwynne is very definitely the closest we have to an inheritor of David Gemmell’s mantle as master of heroic fantasy with grit and heart.

Dies lässt sich auch in Bezug auf die anderen Reihen des Autors sagen, auch dort hatte ich viel zu meckern. Aber nichtsdestotrotz lese ich John Gwynne sehr gerne. Es ist fast schon entspannend und verspricht 2-3 Abende solide Fantasyunterhaltung. Den Hauptabzug gibt es für die (noch) schwachen Charaktere. Ich bin gespannt ob Gwynne sich hier noch steigern kann.

Wertung: 6.5/10

Michael J. Sullivan – Percepliquis (Ryria Revelations 6)

Paperback, Ridan, US.

Ich habe mich ja bereits recht enthusiastisch über die ersten fünf Bände der Ryria Revelations von Michael J. Sullivan geäussert. Der Fünfte Band “Percepliquis” ist zwar in den USA bereits am 15.01.2012 erschienen, doch liess sich die deutsche Dependance von Amazon recht viel Zeit, die Ausgabe von Ridan (leicht versetzt erscheint auch eine Ausgabe von Orbit, in dem jeweils 2 Teile der Reihe in einem Band zusammengefasst sind) überhaupt zu listen. Doch nach langem Warten liegt der letzte Band nun vor mir.

Zum Einstieg: Die Intrigen der Kirche sind vorerst überwunden, und die von ihr eingesetzte Kaiserin bleibt aber  zur Sicherung des Landfriedens eingesetzt. Doch sind bereits neue Gefahren im Verzug: Die Elben haben mit einer Armee die historische Grenze, den Fluss Nilwalden, überschritten. Da sie den Menschen nicht nur in persönlicher Kampfkraft, sondern auch durch Magie überlegen sind, sind die an der Grenze gelegenen Königreiche schnell in ihrer Hand, und die Menschen vertrieben. Was die Elben nun zu diesem Schritt getrieben hat, ist unbekannt. Klar ist aber, dass ihnen die Menschen nicht lange Widerstand werden leisten können. Doch gibt es zumindest eine waage Hoffnung: Royce, Hadrian, sowie einige andere bekannte Charactere werden auf die Suche nach der alten Hauptstadt Percepliquis geschickt, um dort ein legendäres Relikt zu finden, welches die Elben angeblich aufhalten, oder sogar kontrollieren kann.
Dieser Plot scheint weder aufregend oder innovativ, sondern  wie aus dem Handbuch für Fantasyautoren entnommen: Person/Gruppe X wird auf eine Reise geschickt, um einen Gegenstand zu finden und die Welt zu retten. Doch wer die vorhergehenden Teile der Reihe gelesen hat, weiß dass sich unter Sullivan’s konventionellem Anstrich oft mehr verbirgt, als man zu Beginn annehmen möchte. Klar, manche Charactere bleiben nach wie vor blass, und die Kolateralliste ist in Teilen auch recht offensichtlich, aber besonders im letzten Drittel laufen viele Fäden zusammen, von denen ich viele vorher gar nicht als solche wargenommen hatte. Auch das Ende wirkt einerseits zu konstruiert, märchenhaft und zwanghaft passend, aber andererseits gab es für mich doch genügend “Aha!”-Momente, sodass dieser Mängel zwar deutlich war, aber trotzdem das Lesevergnügen nicht allzusehr schmälerte.
Sullivans Stil ist und bleibt gefällig, er dürfte auch ungeübteren Lesern keine großen Probleme bereiten, er lädt gerade zum verschlingen ein!

Orbit, UK

Cover
Das Cover der Ridan Ausgabe ist wieder von Sullivan selbst angefertigt worden, und meiner Meinung nach über allen Zweifel erhaben. Die Gestaltung des betreffenden Orbit Sammelbandes atmet geradezu Ideenlosigkeit, und imitiert den üblichen Trend. Schade 🙁

Fazit
Sullivan bringt seine Reihe mit “Percepliquis” zu einem gebührenden Abschluss. Fast alle Pros und Contras der Reihe kulminieren in diesem letzten Band, und besonders in seinem Abschluss der einiges an Überraschungen bereit hält, aber andererseits etwas zu kurz und teilweise ideenarm geraten ist. Die Reihe ist nach wie vor eine Empfehlung für alle Freunde der “traditionellen Fantasy”, und besonders für die, die es zumindest einmal waren.

Wertung: 7.5/10

Mark Charan Newton – The Book of Transformations

Hardcover, TOR, UK.

Dass ich mittlerweile ein Fan von Mark Charan Newton (Nights of Villjamur, City of Ruin) bin dürfte ja bekannt sein. Folglich war es für mich eine Freude den dritten Band seine Legends of the Red Sun Reihe zu lesen, und ihn jetzt hier vorzustellen, insbesondere da Newton es auch hier wieder schafft sein Niveau weiter zu steigen bzw. die Schwachstellen auszumerzen.

Inhaltlich steht hier wie in Nights….wieder die Haupt- und Residenzstadt Villjamur im Mittelpunkt, nach dem in City of Ruins der Schwerpunkt auf der Grenzstadt Viliren lag. Inhaltlich führt The Book of Transformations wieder zurück auf die Probleme der großen Skala: Politik, die Eiszeit, die Flüchtlingsströme, also wie im Erstling der Reihe. Doch neue Probleme tauchen auf, und alte präzisieren sich. Eine anarchistische Bewegung, in der sich die Bewohner von Caveside, also die Armen, Hungrigen, Verlorenen, Vergessenen und Übersehenen sammeln, bedroht die Ordnung Villjamurs, oder zumindest dass was Emporer Urtica als gerechte Ordnung versteht.

Es ist schwer die Handlung zu beschreiben ohne zu viel zu verraten. Einer der Hauptcharaktere ist Lan, ein Transgender, deren Körper mittels Cultistentechnik zum richtigen biologischen Geschlecht transformiert wird. Sie wird einer der drei Rittern von Villjamur, durch Cultistentechnik “verbesserte” Menschen, quasi Superhelden, die auf Befehl von Urtica erschaffen wurden, um in der Stadt Recht und Ordnung zu repräsentieren. Newton aber, wie sich in der Wahl eines Transgenders ja bereits erahnen lässt, verpasst seiner Version des “Superhelden” eine recht eigene Note, von ehr plattem Marvel/DC-Heldentum kann nicht die Rede sein. Alte Bekannte wie Dartun, und die anderen Mitglieder des “Order of the Equinox”, die gegen Ende des ersten Bandes verschwanden, und ebenso der Inquisitor Fulcrom (welcher bei der Rettung der Flüchtlinge behilflich war) tauchen auf, und sind jeweils Träger eines eigenen Erzählstranges.

Plotmässig schränkt sich Newton im Vergleich zu Nights…. sehr stark ein. Letzen Endes bewegt sich alles in drei Hauptplots, die teilweise bereits ab der Hälfte des Buches zusammenlaufen, was aber in diesem Falle wahrlich kein Nachteil ist, erhöht es doch die Dichte der Erzählung deutlich, und sorgt im letzten Drittel immer wieder für Überraschungen.Während Villjamur… einem Kriminalroman ähnelte, City… deutlich actionlastig , und von Krieg geprägt war, so schafft Newton in The Book of Transformations den Spagat zwischen charakterlastiger Erzählung  in der ersten Hälfte, und Action.in der Zweiten. Auch das Worldbuilding baut Newton weiter aus, insbesondere dem schon vielfältigen Bild der Stadt werden weitere, teilweise sehr seltsame Details hinzugefügt. Aber Newton wird ja nicht umsonst eine gewisse Nähe zum “New Weird” zugesprochen.
Sprachlich und stylistisch schwingt sich Newton hier in neue Höhen, das Buch hat im Vergleich zu seinen Vorgängern kaum noch Längen; Passagen die mancher gern überlesen würde. Charactere bleiben glaubwürdig, Dialoge flüssig und recht natürlich, Kampf, Action und Brutalität wirken weder staksig noch aufgeblasen.

Früher Entwurf.

Cover:
Bisher gibt es nur die englische Hardcoverausgabe, und dieses Cover finde ich durch und durch gelungen. Man kann meiner Meinung nach nur von Glück sprechen, dass der ursprüngliche Entwurf abgelehnt wurde. Ninjakapuzenmädchen gegen den Rest der Welt. Oder so….

Fazit:
Die Sprache, die Erzähltechnik, die Ausbalancierung von Klischées, neue & seltsame Ideen. Ich hätt es kaum für möglich gehalten, aber Mark Charan Newton hat sich in all diesen Punkten gegenüber City of Ruins noch einmal steigern können. Wenn er diese Niveau halten kann, dann darf man ihn schon jetzt als feste Größe bezeichnen. Sollte er sich beim letzen Band und Abschluss der Reihe noch einmal übertreffen (Titel & VÖ noch unbekannt), dann werde zumindest ich jeder Newtonschen Veröffentlichung mit noch mehr Vorfreude entgegenfiebern, als es jetzt schond er Fall ist.

Wertung: 8.5/10.

Mark Charan Newton – City of Ruin

Hardcover UK, Tor.

Band 1 der Legends of the Red Sun Nights of Villjamur bzw. Mark Charan Newton war und ist mein Lieblingsnewcomer, und für einen Erstling war Nights.. erstaunlich dicht & komplex, und mit nur wenigen Fehlern behaftet die wirklich ins Gewicht fielen. Es sei denn man bezeichnet die Multiplotstruktur, und den Verzicht auf eine zentrale Figur als einen Nachteil oder Schwäche, denn daran scheinen sich die Geister zu scheiden. Wird Band 2 der Reihe City of Ruin das Niveau halten bzw. die Probleme des Vorgängers beheben können?

City of Ruin verschiebt den Fokus weg von der Hauptstadt Villjamur, hin zu der Grenzstadt Villiren, die nicht nur unmittelbarer als Villjamur von der Eiszeit, sondern auch von noch unbekannten Feinden bedroht wird. Verglichen mit Villjamur handelt es sich bei Villiren hier um einen regelrechten Sündenpfuhl, die Regierung und Inquisition sind korrupt, verschiedene Gangs beherrschen die Straßen, Kultisten züchten Mutationen um sie gegen Golems in der Arena antreten zu lassen, und auch erotische Golems gibt es….(Nein, nicht verlesen). Einen Teil des Personals, wie Inquisitor Jeryd oder den Kommandeur der Nachtwache Brynd, kennen wir bereits, einige neue, wie den Bandenführer Mallum, oder die Kultistin (?!?) Beami, kommen neu hinzu. Den dauerfolgreichen Schönling Randur treffen wir auch wieder, aber war er im Vorgänger manchmal nur etwas unglaubwürdig, so nervt er meiner Meinung nach in City of Ruin gegen Ende regelrecht. Ebenso wirken die Passagen die ihn und die Schwestern Rikka und Eir Jamur beeinhalten irgendwie fehl am Platze, aber anscheinend sind sie notwendig für den nächsten Band Book of Transformations. Ansonsten hat sich Newton bei den Charakteren sehr gut entwickelt, sie wirken plastischer, etwas vielschichtiger, etwas gekonnter. Ebenso springt Newton nicht mehr zwischen so vielen Plots wie im Vorgänger, was einige Kritiker des ersten Bandes doch etwas besänftigen dürfte. Ein richtige Sympathie mit einem der Charaktere will aber bei mir nicht aufkommen, man empfindet gewisse Empathien, aber ich habe nie mit Einzelschicksalen gehadert, oder gar gefiebert. Was sowohl den Roman, als auch mich angetrieben hat, ist die Gesamthandlung, und die Welt in die sie eingebettet ist.
Paperback, MacMillan.
Rahmenhandlung ist die neu aufgetauchte krustentierartige Rasse der Okun, die sowohl die umgebenden Landstriche, als auch die Stadt selbst bedroht. Woher sie kommt, und was sie eigentlich will, ist den Mächtigen in Villiren ein Rätsel. Kern der Handlung(en) bei City of Ruin ist aber wieder eine Art Detektivgeschichte, denn in der ganzen Stadt verschwinden wesentliche mehr und andere Menschen als es in dieser Stadt sonst schon üblich ist. Dies betrifft den aus Villjamur geflüchteten und in Villiren neu eingesetzten Inquisitor Jeryd, aber da sich darunter auch Soldaten befinden, verknüpft ihn dies mit dem mit der Verteidigung der Stadt eingesetzten Brynd.

Die Stärke von Newton ist und bleibt das Worldbuilding und die Stadt als sozial ambivalente Einheit. Er zeichnet mit treffender Tiefenschärfe die gnadenlose Sozialstruktur Villirens, und Gleichgültigkeit gegenüber der Vergänglichkeit des menschlichen (und rumelschen) Lebens, die fernab der ordnenden Hand der imperialen Behörden auch die machiavellischen Strömungen Villjamurs locker in den Schatten stellt. Auch tritt hier der Rassimus deutlicher hervor als in der Hauptstadt: Mit segregativen Merkmalen wie “Humans Only” an Restaurants und Cafés bebildert Newton die Tatsache, dass gerade in Zeiten drohenden Unheils sich Vorurteile verstärken und Sündenböcke gesucht werden. Die Darstellung der problematischen Einstellungen in die Folgen der Gesellschaft zum Thema Homosexualität wirken allerdings etwas zu bemüht, und die Lösungen nicht ganz vollständig und glaubwürdig.

Cover:

Paperback, Spectra.

Mich mag keines der Cover recht überzeugen, wobei das Paperbackcover von Spectra noch das deutlich ansprechenste ist, da hier mehr die (zerstörte) Stadt in den Mittelpunkt gerückt ist, wobei das Cover von MacMillan mit dem dämlich-heroisch dargestellten Brynd einfach nur peinlich ist. Nightangel anyone ?

Fazit: 
Newton hält sein hohes Niveau und steigert es stellenweise sogar noch. Probleme mit zu vielen Plots und schwachen Charakteren werden zumindest teilweise behoben, während er seine Stärke, das Worldbuilding & die Stadt als Lebensraum, weiter ausbaut. Für letzteres gibt es auch 0.5 mehr als für Nights of Villjamur.

Wertung: 8.0/10. 

Patrick Rothfuss – The Wise Man’s Fear (Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag)

Hardcover UK, Gollancz.

Wie viele andere Fans dies- & jenseits des großen Teiches habe auch ich lange auf  The Wise Man’s Fear gewartet. Einiges was ich aufgrund der Aussagen anderer Rezensenten, die allerdings die ARC (Advanced Reading Copy) zu Verfügung hatten, befürchtete, fehlte entweder in der finalen Version (unwahrscheinlich) oder ich nahm es schlicht nicht so wahr.

Rothfuss verzichtet auf die mittlerweile fast obligatorische Zusammenfassung “..was bisher geschah”, wer sich aber die Eckpunkte von The Name of the Wind nochmal ins Gedächtnis rufen will, kann sich diesen kurzen Comic zu Gemüte führen. Das Setting ist Anfangs noch das gleiche in The Name of the Wind. Das Gasthaus, und die Ereignisse darin bilden den erzählerischen und perspektivischen Rahmen, die eigentliche Erzählung findet aber in und um die Universität statt, hier beeindruckt Rothfuss wieder mit seinem Talent seine Welt detailliert, realistisch und glaubwürdig zu gestalten. Die Universität, und der Aufbau der verschiedenen Fakultäten, und wie sie erklärt sind beeindruckt mich immer wieder. Ebenso wie er die Wissenschaften entworfen hat. Wenn die Welt solchen Naturgesetzen unterworfen wäre wie sie Rothfuss sie seiner Welt eingepflanzt hat, dann gäbe es am Großteil der von Rothfuss aufgeführten und erklärten Wissenschaften nichts zu rütteln. Physik, Logik, Philosophie und das Metaphysische verbindet Rothfuss mehr als überzeugend.

Zu Beginn erleben wir Kvothe’s zweites Semester in ganzer Fülle, von der problematischen Einschreibung, bis zum vorläufigen Ende seiner finanziellen Probleme. Und obwohl ich noch viele Semester miterleben möchte, einfach weil ich die Universität sehr faszinierend finde (Hogwarts anyone?), ist es gut dass das Setting sich im zweiten Drittel ändert, und sich von der Universität weg bewegt.

Hardcover US,DAW

Manche Übergänge sind allerdings etwas holprig, zBsp. erfährt man dass Kvothe wegen eines Vergehens vor Gericht gestellt wird, aber den Ablauf bzw. wie Kvothe der Verurteilung entrinnt, erfahren wir in einer zugegebenermaßen cleveren, aber doch sehr kurzen Blende in das Gasthaus in der Gegenwart. Ebenso wird Kvothe’s Reise zu Beginn des zweiten Drittels, obwohl einiges passiert, auf zwei Seiten abgefertigt. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass ein auf Details geradezu versessener Autor wie Rothfuss hier nichts einfiel, wahrscheinlich musste er diese Passagen aus Platzgründen stark komprimieren.

Das Hauptproblem bei TWMF ist, dass es logischerweise schwerpunktmäßig um Kvothe geht, es reiht sich Ereignis an Ereignis, letzten Endes gelingt ihm alles, und teilweise sehr große Zufälle spielen ihm zu. Rothfuss zeigt zwar phasenweise zweifelnde, und überhebliche Momente von Kvothe, aber wirkliche Reibung mit der Welt, dass seine Verzweifelung spürbar wird, erfährt man leider nicht. Auch Ruhepausen, die man durch mehrere Plots oder andere Protagonisten bekommen könnte, entstehen leider nicht, der einizige Protagonist muß schliesslich die Handlung vorantreiben. Nebencharaktere wie Denna, Sim, oder Wilem die bereits in TNotW eingeführt wurden bleiben leider immer noch verhältnismäßig blass und eindimensional. Man erfährt zwar ein bisschen mehr über ihre Biographien, aber sie bleiben ehr uninteressant. Aber darüber sollte man sich a weder wundern, noch beklagen, denn letzten Endes ist es ja eine Autobiographie, also vor allem ein “ICHICHICH” Buch !
Mein persönlicher Hassteil befindet sich am Ende des zweiten Drittels, dort befinden sich ca. 50 Seiten einer traumartigen Sequenz, die sehr überraschend über den Leser herfallen, und für mich sehr hinmontiert wirken. Sie waren zwar toll geschrieben, aber ich hätte sie trotzdem gerne überlesen.
Es wird sicher auch einige stören, dass TWMF, insbesondere im Vergleich zu Joe Abercrombie & Konsorten, sehr actionunlastig ist. Es passiert zwar mehr als im Vorgänger, aber es geht sehr gemütlich zu, der Weg scheint hier ehr das Ziel zu sein.

Cover
Beide Cover sind so mittelprächtig geraten, wobei mir das UK Cover mit der Schwert zückenden Person (Kvothe !?!) etwas effekthascherisch erscheint. Das US Cover ist stimmig, aber ich verstehe dass Motiv nicht ganz. Es ist aber auf jeden Fall das S-Bahn tauglichere.

Fazit
Die Erwartungen an Band drei sind bei mir mittlerweile riesig, denn Band zwei wirft fast mehr Fragen auf, als dass er beantwortet, es muß noch so viel an der Welt  ausgemalt werden, es muß noch so viel passieren, die Situation der Welt der erzählerischen Gegenwart &  nicht zuletzt der Titel “Königsmörder” muß noch erklärt werden. Und wie oben angeführt gibt es genügend Dinge zu kritisieren, mir hat die Lektüre aber trotzdem einen Riesenspaß bereitet. Warum, kann ich nicht so richtig in Worte fassen, sicherlich sind es die vielen kleinen Details an der Universität, vielleicht ist Rothfuss aber auch einfach ein brillianter Erzähler. Wer The Name of the Wind mochte, wird The Wise Man’s Fear auf jeden Fall lieben !

Wertung: 8/10.

Mark Charan Newton – Legends of the Red Sun: Nights of Villjamur

Harcover UK, TOR.

Dieses Buch stand für sehr lange Zeit nicht nur auf meiner Leseliste, sondern auch auf meinem überquellenden Regal für noch zu lesende Neuzugänge. Dies war, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, eine kaum zu verzeihende Sünde. Was mich letzten Endes dazu bewogen hat, es doch noch in die Hand zu nehmen bzw. es an den Anfang der Warteschlange zu stellen, war Newtons äußerst lesenswertes Blog, insbesondere ein Beitrag zum Thema Whisky.   
Nights of Villjamur ist Newtons (Quasi) Debüt aus dem Jahre 2009, und es steckt, so viel muß hier schon verraten werden, andere hochgelobte Debüt der vergangenen Jahre, wie Brent Weeks’ The Night Angel Trilogy, meiner Meinung nach leicht in die Tasche.

Rahmenhandlung: Das Jamur Imperium befindet sich Griff eines entfesselten Winters, der aber selbst nur der Vorbote einer prophezeiten Eiszeit ist, die etwa vierzig Jahre andauern wird. Ausreichende Vorräte, sowohl an Nahrung, als auch an Wärme, sind auf Dauer nur in den Städten zu finden. Und die Haupt- und Residenzstadt des Imperiums, Villjamur, ein Jahrtausende alter Moloch, ist folglich das Ziel der meisten Flüchtlinge.

Und hier in Villjamur spielt nicht nur der Großteil der Handlung, hier hat Newton auch seinen heimlichen, eigentlichen Protagonisten gefunden. Die Stadt geht einerseits ihren gewohnten Weg, die legalen, als auch die zwielichtigen Geschäfte lassen sich in ihrem Treiben von der anstehenden Eiszeit nicht stören, die einzelnen Fraktionen ziehen im Machtgleichgewicht der Stadt im Hintergrund ihre Fäden, und die Inquistion versucht ihren Aufgaben als Kriminalpolizei gerecht zu werden.

UK Paperback, Pan Macmillan

Andererseits sehen sich die Mächtigen, nämlich Kaiser und der Rat, dem Problem der Flüchtlingsmassen, die bereits vor den Toren der Stadt lagern, ausgesetzt. Neben dem Tod des alten Kaisers sorgt die Frage nach der Lösung des Flüchtlingsproblems für große Unruhe, und sie zieht eine Spur der aus Machthunger geborenen Zwietracht hinter sich her.
Die Geschichte wird in ca. 4 Hauptplots, sowie in zahlreichen Nebenplots erzählt, die sich teilweise, aber nicht alle, kreuzen und beeinflussen. Qualitativ spielen diese Plots zwischen den Polen “Innovativ” und “Klischeehaft”. So ist der Plot der den Schritten und Gedanken des Inquisitors Jeryd folgt fast schon ein kleiner Detektivroman, der des Aufsteigers Randur dagegen aber etwas zu glatt und einförmig. Was mir sehr gut gefällt, von anderen Rezensenten aber kritisiert wurde, sind die in manchen Plots sehr häufig anzutreffenden inneren Monologe, die für mich manche Charaktere erst interessant machen.

Doch die wahre Stärke von Nights of Villjamur liegt meiner Meinung nach in Newtons Worldbuilding. Die Stadt,und die Weise wie das Jamur Imperium aufgebaut sind steckt voller interessanter Details die teilweise nur in Nebensätzen gestreift, und gar nicht weiter erläutert werden, teilweise aber im weiteren Verlauf wieder Verwendung finden, und so langsam an Detailtiefe gewinnen. Ich bin mir nicht sicher ob eine Elaboration dieser Kleinigkeiten das Buch verstopft, oder noch mehr zu epischer Breite verholfen hätte.

US Ppbck. & Hrdc, Spectra.

Rassen und Fraktionen Newton streut sparsam und mit Bedacht: Die Stadt teilen sich in erster Linie Menschen und “Rumel”, eine humanoide Rasse mit der etwa dreifachen Lebensdauer von Menschen; die Menschen stellen zwar den Kaiser und den Rat, aber zur Wahrung des inneren Friedens stellen die Rumel die oberen Ränge der Inquisition, die die Aufgabe der Strafverfolgung wahrnimmt. Leider verzichtet Newton auf eine etwas genauere Beschreibung der Rumel, man erfährt dass sie etwas größer als Menschen werden, dass sie einen Schwanz haben, und dass ihr Körper eine grau/braun/dunkle Färbung hat. Aber weder ich, noch andere Rezensenten sind uns sicher, ob man sie sich ehr glatthäutig, behaart oder vielleicht auch reptilienartig vorzustellen hat. Ohne die genaue Beschreibung drängte sich mir beim Lesen immer wieder das Bild von großen, robusteren und behaarten Elben mit Schwanz auf, was doch recht albern ist. Andere Kreaturen die Newtons Welt bevölkern sind beispielsweise die Garudas, vogelartige Wesen, etwas kleiner als die Menschen, die in eigenen Gemeinschaften leben, teilweise aber im Dienst des Imperiums als Kundschafter arbeiten. Auch gibt es in Villjamur Banshees, eine Art Klageweiber die in eigenen Gemeinschaften leben, und die, wie ihre mythologischen Vorbilder, kurz vor oder während eines Todes, von einer Intuition gelenkt am entsprechenden Ort auftauchen und ihren Gesang ertönen lassen. Die Interessanteste Neuerung die Newton einführt sie die Kultisten: Sie sind am besten als eine Mischung aus Ingenieur, Alchemist und Zauberer beschrieben: Siebenutzen, kopieren und erweitern die von einer untergegangenen Zivilisation überlieferten Relikte, um mit ihnen etwas ähnliches wie Magie auszuführen, allerdings ohne genau zu verstehen, wie genau & warum sie funktionieren. Die Kultisten sind in verschiedenen Sekten und Gruppen unterteilt, und haben eine eigene, chaotische Gesellschaftsordnung mit den Köpfen der großen Sekten an der Spitze, und kleinen Taschenspielern und Magiejunkies (!) als Bodensatz.

Sprachlich ist Nights of Villjamur in einem sehr angenehmen, flüssigen Stil geschrieben, wie er in der Fantasy nicht oft zu finden ist. Flüche und Vulgärsprache werden nur selten verwendet, insofern bildet er einen schönen Gegensatz zum derzeitigen “Trend”, bei dem gerne mit viel Gewalt und Sex gearbeitet wird.

Cover:
Das UK Hardcover ist meiner Einschätzung nach ideal, da es die Stadt, und nicht Personen in den Mittelpunkt stellt. Das UK Paperback ist im Verhältnis dazu eine regelrechte Katastrophe, der junge Herr auf dem Cover soll wohl Randur darstellen, welcher aber beileibe nicht der Protagonist ist. Die US Cover bewegen sich im Mittelmaß, ich weiß nicht welche Situation das Cover darstellen soll ?

Fazit:
Nights of Villjamur ist ehr was für Fans von Mieville oder auch Tad Williams, als für Anhänger der brutal-realistischen Werke von Abercrombie, Morgan & Co. Ein außergewöhnliches Debüt, mit vielen schönen kleinen Details, dicht gepackter Atmosphäre, wenig Klischees, über weite Strecken glaubhaften Charakteren, und vielschichtiger Plotstruktur. Ich lese derzeit bereits die Fortsetzung City of Ruins, und kann bisher nicht den geringsten Abfall feststellen, im Gegenteil !

Wertung: 7.5/10

Tad Williams – Shadowmarch (Komplett)

Hardcover

Tad Williams sollte eigentlich jedem, den es aus irgendeinem Grund auf dieses Blog verschlagen hat, ein Begriff sein. Seine Trilogie (in Dtl. Quadrologie) Memory, Sorrow & Thorn (in Dtl. Die Saga von Osten Ard / Das Geheimnis der großen Schwerter) gehört zu den Klassikern des Genres, und auch seine Science-Fiction Reihe Otherlands dürfte einigen ein Begriff sein. Mit der Quadrologie Shadowmarch die letzten Endes zwischen ca. 1995 und 2010 erst als Filmprojekt, später als Internetroman entstand (näheres dazu hier), hat Williams nachgelegt. Die ersten zwei Bände hatte ich in schneller Folge damals noch auf Deutsch gelesen, die letzten zwei auch hintereinander, diesmal aber auf Englisch.

Zu allererst ist es schwer eine Quadrologie zu besprechen, deswegen hier ein Abriss, der Handlung: Die Königsfamilie Eddon, bestehend aus König Olin und seinen Kindern Kendrick, Briony, Barrick & Allessandros, beherrscht seit Generationen das Land Southmarch. Das Land wird im Norden von der sogenannten Schattengrenze eingefasst. Diese Grenze wurde nach ihrer Niederlage gegen die Menschen vom den Quar, dem sogenannten Zwielichtvolk errichtet. Nach Jahrhunderten des Innehaltens regen sich die Wesen und ihre Königin Yasammez  hinter der Schattengrenze wieder, während die Königsfamilie von Südmark durch Intrigen nach und nach zerschlagen und in alle Winde zerstreut wird. Scheinbare Nebenhandlungen spielen sich unter der Burg ab, dort wo das kleinwüchsige, und in der Steinmetzkunst formvollendete Volk der Fundlinger,von den Eddons beherrscht, seit Jahrhunderten lebt. Wir begegnen dem Mädchen Qinnitan, die in eine Art Harem des Autarchen von Xis, dem Gottkönig des mächtigsten Reiches der bekannten Welt, als Priesterin aufgenommen wird. Weshalb sie wichtig ist oder sein wird, bleibt sowohl dem Leser als auch ihr selbst (vorerst) ein Rätsel. Sulepis, der Autarch von Xis, verfügt über das größte stehende Heer von Shadowmarch, und sein Arm reicht langsam über ganz Eion.

Williams gilt nicht nur als einer besten Autoren des Genres, sondern auch als Meister der Langsamkeit, und dies trifft auch bei dieser Reihe zu. Ein langer Atem wird benötigt, da Williams sich für viele Details unendlich viel Zeit lässt. Insbesondere  Shadowplay (dt. Das Spiel) und Shadowrise (dt. Die Dämmerung) ziehen sich manchmal ins unendliche, und mir fiel es richtig schwer weiterzulesen. Aber man sollte nicht meinen dass Williams die Seiten mit Geschwafel füllt, nein. Er liebt einfach die Details, und spinnt sein Garn gerne aus vielen feinen Fäden. Manches wirkt beim Lesen ersteinmal redundant, aber im letzten Band Shadowheart fügt sich vieles dann doch in zu einem sinnhaften Ganzen zusammen. Auch passt sich seine Erzählweise der Umgebung an: Als Barrick Eddon, von seiner Familie getrennt, hinter der Schattengrenze umherirrt, und dort die komplette Andersartigkeit der Quar entdeckt, so schreibt Williams hier auch in einem Stil der mich persönlich immer wieder verwirrt hat, und der entweder zum genauen studieren oder wahlweise auch zum Überlesen einlädt. Er beschreibt mit einer Detailversessenheit, und gleichzeitigen Unschärfe, die den begrenzten Wahrnehmungsmöglichkeiten von Barrick hinter der Schattengrenze entsprechen. Sex findet quasi gar nicht, Gewalt in nicht zu expliziter Form statt, was aber nicht stört, sondern sich trotz vieler Kampfhandlungen gut in den Erzählfluss einbettet. Mit dem großen Höhepunkt und Showdown im vierten Band endet die Reihe aber noch nicht, es schliessen sich noch gut hundert Seiten Nachspiel an, was zwar in schöner Weise dem bewährten “Ende gut, alles gut” entgegen arbeitet und auch noch einige offene Frage beantwortet, aber andererseits wird das Ende dadurch etwas verwässert.

Deutsche Cover Bd. 1-3, Klett-Cotta/Hobbit Presse

An sich gibt sich Williams in keinem Bereich eine wirklich Blöße. Die Charaktere wirken im Verlauf manchmal etwas blass, aber im Verlauf der vier Bände füllt sich jeder langsam, aber sicher mit Tiefe. So entlockten mir die Passagen mit Briony Eddon Anfangs noch so manchen Seufzer, aber Williams entwickelt sie mit sicherer Feder, so dass dieses Gefühl in Band 3 & 4 verschwindet. Aber auch an Fantastischem Kreaturen, Rassen & Lebensformen spart Williams nicht: Neben den erwähnten Fundlingern gibt es eine Vielfalt an Rassen in Südmark: die Quar, die Skimmer, das Fischervolk der Südmark, das zwar wie die Fundlinger formal unter der Herrschaft der Eddons steht, aber weitesgehend selbstständig ist, Rooftoppers Guild (auf dt. Dachlinge) ein Volk von Winzlingen, welches von den Menschen weitesgehend unbemerkt, auf und unter den Dächern der Stadt lebt.

Cover

Massmarket Paperback

Das obige Cover der Hardcoverversion ist meiner Ansicht nach nahezu ideal gestaltet. Es setzt auf ehr kühle Atmosphäre, und im Gegensatz zum Massmarket Paperback verzichtet es auf Personendarstellungen und zu große Platitüden. Die deutschen Cover sind im, nun ja, authentischen Klett-Cotta/Hobbitpresse Stil gehalten. Mir persönlich etwas zu bieder, einfach nicht mein Fall. (Ansonsten sind die deutschen Ausgaben gut gestaltet und übersetzt)

Englisch
Man sollte schon etwas Übung mit längeren englischen Texten mitbringen, sonst ermüdet die Lektüre recht schnell. Mittlerer Wortschatz.

Fazit
Für mich hat Williams hier, trotz einiger Überlängen, einen Klassiker geschaffen. Die Schönheit und clevere Konstruktion zünden aber erst richtig im vierten Band, wenn all Fäden zusammenlaufen und sich langsam aufdröseln. Deswegen kann ich nur empfehlen alle vier Bände am Stück zu lesen, und sich von den teilweise langen Passagen (insbesondere hinter der Schattengrenze) nicht entmutigen zu lassen. Am Ende wird es sich auszahlen !

Wertung: 8/10

Brent Weeks – The Night Angel Trilogy (Schatten Trilogie)

Brent Weeks Night Angel Triology hat in den letzten Jahren einigen Trubel verursacht, insbesondere durch die Veröffentlichungsfrequenz: In drei aufeinanderfolgenden Monaten wurde pro Monat jeweils ein Band veröffentlicht, was, soweit ich weiß, auch für die Veröffentlichung in Deutschland übernommen werden. Das Ganze wurde auch online clever vermarktet, so dass man es bei den regelmäßigen Streifzügen durch die Welt der Blogs und Foren fast nicht mehr übersehen konnte.

Gleichmal vorneweg: Die Reihe macht Spaß. Ich habe angefangen zu lesen und konnte Band I (The Way of Shadows, dt. Der Weg in die Schatten) kaum aus der Hand legen. Was Spannung und Lesevergnügen angeht, hat Weeks zweifelsohne ein gelungenes Debüt hingelegt.  Zum Inhalt (In erster Linie auf Band 1 bezogen) : Strassenjunge Azoth gelingt es als Lehrling von Durzo Blint, dem besten “Wetboy”(Auftragsmörder)  der Stadt, aufgenommen zu werden. Doch Azoth (der sich später Kylar nennt) hat nicht mit den Problemen und Schattenseiten dieses neuen Lebens gerechnet. Und auch später (sprich Bd. 2 & 3) hadert Azoth mit sich und und den Folgen seines Handelns als Wetboy für sich und die die ihm lieb & teuer sind! Alles in allem also ein Auftragsmörder- und Attentäterbildungsroman 😉
Der Plot ist das stärkste an der Reihe, er treibt einen in oft hohem Tempo vor sich her, die (manchmal für einige vielleicht zu brutalen) Szenen werden glaubhaft formuliert. Einerseits hat der “Aufstieg” von Azoth/Kylar zum mysteriösen Killer, sowie die Entdeckung in größere Zusammenhänge verwickelt zu sein, schon etwas von der klassischen Nummer “vom Stableboy zum Ritter”, aber andererseits sind mir in der SpecLit kaum/keine anderen Werdegänge in der Form “Vom Strassenjungen zum Auftragsmörder” bekannt. Weeks erfindet das Rad hier nicht neu, bietet aber eine spannende Variation grösstenteils bekannter Themen. Teile der Magie die er insbesondere ab Bd.2 beschreibt scheinen mir eine clevere Neuerfindung zu sein, zumindest erkenne ich sie nicht wieder. Die Charaktere, und die Art wie sie (nicht) entwickelt werden, sind im Vergleich dazu schon deutlich durchwachsener. Einige Protagonisten wie zBsp. Durzo Blint sind gut gezeichnet, auch Azoth/Kylar ist gut entworfen und man entwickelt trotz seines blutigen Brotwerwerbs Sympathien für ihn, viele Nebencharaktere bleiben aber blasser als sie wahrscheinlich sein müssten.  Die Welt die Weeks hier entwirft ist deutlich der schwächste Punkt, am treffensten hat es James Long von Speculative Horizons umschrieben:

What we have is a standard medieval-esque world of kings, princes, assassins and soldiers. There’s even a magic sword and a prophecy. In short, there is absolutely no innovation whatsoever.

Da kann ich eigentlich nicht viel hinzufügen.  Das sogenannte Worldbuilding verbessert sich zwar in Bd.2 und Bd.3, aber es ist und bleibt nicht die stärkste Seite der Reihe.
Cover:
Von der Idee her gar nicht schlecht, aber mit werden zu sehr Klischees bedient, und ich bin kein großer Fan von so expliziter Personendarstellungen auf Covern. Das deutsche Cover ist übrigens nahezu das gleiche, deswegen verzichte ich hier darauf.
Englisch:
Medium – Für geübte Leser kein Problem. Die Sprache mutet manchmal fast etwas zu modern an.
Fazit:
Für mich eines der stärksten Debüts der letzten Jahre, mit hier und da recht deutlichen Schwächen, aber nichtsdestotrotz wird die Handlung zügig und spannend vorangetrieben, so dass ich mich nie wirklich langweilte. Gute Reihe für den schnellen, schmackhaften, nicht zu schwer verdaulichen (sowie in meinem Falle zumindest) einmaligen Genuss.
Wertung: 6.5/10.

Richard Morgan – The Steel Remains (Glühender Stahl)

UK, Hardcover.
Ende 2007/Anfang 2008 machten Gerüchte die Runde das Richard Morgan, eigentlich bekannt als Science Fiction Autor, an einem Werk arbeiten würde, dass die Welt der Fantasy Literatur erschüttern könnte. Obwohl das Skript noch nicht einmal beim Lektor lag, geschweige denn ARCs (Advanced Reading Copy) vorlagen, überschlugen sich die Kritiken. Das Werk wurde so aufgeblasen und mit Bedeutung für das Genre überladen, dass es fast nichts anderes als versagen konnte.
Der grundsätzliche Handlungsstrang ist an sich schnell erklärt: Ringil Eskiath, gefeierter Kriegsheld und vom Wege abgekommener Spross einer mächtigen Familie, kämpft mit den Dämonen des Bedeutungsverlustes und dem Mangel an Aufgaben. Seine Mutter taucht auf, und bittet ihn eine Cousine zu finden, die mehr oder weniger aus Versehen in der Sklaverei gelandet ist. Während Ringil den Spuren nachgeht, kommt er einer Verschwörung auf die Spur die weit über den Sklavenhandel hinaus geht. Archeth, ein Halbblut, mittlerweile Beraterin des Kaisers von Yhelteth,soll ein Blutbad in einer entlegenen Hafenstadt untersuchen. Dabei entdeckt sie dass eine unbekannte Macht die Integrität des Reiches bedroht. Sie und Ringil, so wie ein Barbar namens Egar, reformieren ein zu Kriegszeiten legendäres Trio, das versucht der unbekannten Gefahr auf die Spuren zu kommen.Die Handlung mag nichts aufregendes bieten, darüber hinaus könnte man auch das Worldbuilding als schwach bezeichnen. Man findet zwar schnell Zugang zu Morgans Welt, welche sich dem Leser schnell ausbreitet, aber es bleibt doch vieles unerklärt, unerläutert und unvollständig, Wünsche nach mehr Details bleiben in der Regel unbefriedigt. Morgan verlegt sich dafür um so mehr auf den Ausbau der Charaktere, wenn auch nicht mit der Stringenz seiner SciFi Werke. Er versucht die Protagonisten als kantige, moralisch und sexuell ambivalente Charaktere darzustellen welche mit den Dämonen der eigenen Vergangenheit kämpfen, was aber manchmal ehr überzeichnet als überzeugend wirkt. Ungewohnt allerdings dass einer der Protagonisten, mämlich Ringil, homosexuell und dazu noch sehr promiskuitiv ist. Was The Steel Remains trotzdem zu etwas besonderen macht ist die Dichte an Explizität, die die Werke anderer Autoren deutlich übersteigt. Die Gewalt und insbesondere der Sex kommen sehr direkt und graphisch zum Ausdruck:

Her breasts swung heavily in the warm, speckled light from
the yurt’s iron mesh brazier.[..] She licked her lips.  
“Yeah, and a wife with mouth closed that fucking tight
won’t be much for blow jobs, right?
I’m not looking for a two-minute drunken herder’s  fuck
out of you [..] I am goin to milk you dry” 
  
Hier wird nicht lange umschrieben, es geht unmittelbar zur Sache. Dies ist sowohl eine der bemerkenswerten Qualitäten, als auch eine der Schwächen. Ohne Gewalt und Sex bliebe eine höchstens mittelmäßige Geschichte übrig. Ebenso wirkt die Sprache manchmal etwas ungewohnt, der Sprachstil wirkte teilweise zu modern für das verwendete Milieu. Dies ist dürfte aber so gewollt sein, wirkt aber manchmal befremdlich.
Dt. Ausgab

Cover:
Obiges Cover der britischen Hardcoverausgabe gefällt mir gut, die drei Protagonisten im Nebel, die Andeutung ihrer Suche, lassen genug Platz für die eigenen Vorstellungskraft. Gleiches gilt für die US Version (s.u.).
Die deutsche Version bekleckert sich zumindest bei der Cover Gestaltung nicht gerade mit Ruhm, aber es hätte auch schlimmer kommen können. Prinzipiell haben aus meiner Sicht Personen wenn überhaupt, dann nur schemenhaft etwas auf dem Cover zu suchen. Auch der Manowar/Rammsteinkollaborationstitel “Glühender Stahl” ist meiner Ansicht nach schlecht gewählt, wobei ich aber zu meiner Schande gestehen muss, dass mir im Moment auch kein Gegenvorschlag einfällt.


Englisch:

Satzstrukturen sind gut verständlich, erweiterter Grundwortschatz sowie Kenntniss von schlüpfigem Vokabular ist von Nöten.

Fazit:
Auch wenn dieses Buch als eines der meist gehypten des Jahres 2008 von vielen zumindest als Enttäuschung empfunden wurde, und nicht die erhoffte Erschütterung der SpecFic-Landschaft brachte, so war es doch für mich ein Augenöffner. So viel Schmutz, Gewalt, Sex & Schmuddel hatte ich bis dato nicht in einem SpecFic Roman vermutet, geschweige denn gelesen. Falls also jemand Twilight oder Eragorn lesen musste, und das Gefühl hat einer kalten Dusche zu bedürfen, dann sei ihm dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Wertung: 6/10.

Cover Galerie:

Limitierte Edition.